Die Geschichte der Adlerwerke vorm. Heinrich Kleyer

ADLERWERKE vorm. Heinrich Kleyer AG

Kurzportrait

1880
           Gründung als Velocipedhandlung durch Heinrich Kleyer (1853-1932)
1881            Beginn der industriellen Fertigung von Hochrädern

1886            Herstellung der ersten Niederräder und ab 1893 Verwendung von Luftreifen

1890            Beginn der Fahrradfertigung im neuen großen Betriebsgebäude                   
1895            Umbenennung in Adler-Fahrradwerke AG mit 2,5 Mio Grundkapital
1898            100.000 Fahrrad, 1916 500.000 Fahrrad

1899            Erstes Motordreirad

1900            Erstes Auto

1901            Erstes Motorrad

1907            Umbenennung in Adlerwerke

1914            20% aller in Deutschland zugelassenen Autos heißen ADLER.
                  7.000 Mitarbeiter

1926            Adler Standard 6: erstes deutsches Auto mit Ganzstahlkarosserie, hydraulischen Bremsen und weitgehender Verwendung von Leichtmetall

1932            Adler Trumpf und 1934 Adler Trumpf-Junior erfolgreiche Frontantriebsmodelle, bis 1941 ca. 105.000 hergestellt.

1937             Vorstellung und Produktionsbeginn Adler 2,5 Ltr., genannt "Autobahnadler"

1932 bis 1939 liegt Adler an 5., 4. und 3. Stelle der deutschen Zulassungsstatistik.      

1948              Neue Adler Trumpf-Junior Prototypen, trotzdem Aufgabe des Automobilbaus

1949              Beginn der erfolgreichen Produktion von Motorrädern

1957              Einstellung des Motorradbaus wegen Zweiradkrise nach 88.000 Exemplaren. Fusion mit Triumph-Werke Nürnberg unter Grundig. Nur noch Büromaschinen.

1961              Verkauf an amerikanischen Litton - Konzern

1979              Verkauf an Volkswagenwerk

1987              Verkauf an Olivetti



Die Geschichte der Adlerwerke vorm. Heinrich Kleyer AG

Heinrich Kleyer

Der Name Heinrich Kleyer gehört nach Auffassung von Historikern in einem Atemzug genannt mit Carl Benz, Gottfried Daimler oder Adam Opel. Zuerst im Fahrradbau erwies sich Kleyer als Pionier. Ab 1886 machte er in Deutschland das Niederrad populär, er führte den Luftreifen ein. 1898 hatten die Adlerwerke - wie Kleyer seine Fabrikation schon 1880 genannte hatte - bereits 100.000 Fahrräder produziert. Und als 1889 die neuen Fabrikanlagen - die noch heute stehen - bezogen wurden, waren dies die modernsten der Zeit: neueste Präzisionsmaschinen, peinlich saubere Arbeitsplätze mit hellem Licht, Zentralheizung und großen Absaugvorrichtungen für staubfreie Luft, moderne Speiseräume und sanitäre Anlagen waren mustergültig für die Zeit.

1896 begann Kleyer auch die Produktion von Schreibmaschinen. Er verbesserte amerikanische Patente so grundlegend, daß die Adler im Sturm Büros und Schreibstuben eroberten. 1900 beginnt die Ära des Motorwagenbaus. Und auch in diesem Bereich ist Kleyer so erfolgreich, daß 1914, am Vorabend des 1. Weltkrieges, ein Fünftel aller Motorwagen in Deutschland Adler sind. Der Höhepunkt der Autoproduktion bei Adler liegt dann in den 30er Jahren. Es sind ebenfalls Pionier-Leistungen, die hier vollbracht werden: Die Entwicklung des Frontantriebs zur Serienreife wird ganz wesentlich von Adler geleistet. Schon früher hatte man das erste Serienauto mit hydraulischer Bremse in Deutschland herausgebracht, ebenso die ersten Wagen mit Ganzstahlkarosserien.

Federführend in den 30er Jahren trieb Adler die Entwicklung strömungsgünstiger Karosserien voran, also lange bevor in den 80er Jahren Begriffe wie CW-Wert oder Stirnfläche populär wurden. Selbst in den 50er Jahren, als Adler groß in den Motorradbau eingestiegen war, gelangen den Frankfurtern Konstruktionen von einer Qualität, Reife und Zuverlässigkeit, daß sie von den Japanern noch 10 Jahre später fast detailgetreu kopiert wurden.

Zigtausende von Menschen aus Frankfurt und Umgebung fanden bei Adler Arbeit und Brot und sicherten die Existenz Ihrer Familien. Für Hunderttausende bedeuteten Adler-Fahrzeuge einen ersten Schritt in die individuelle Mobilität, die heute manchmal an ihre Grenzen zu stoßen scheint und deshalb häufig pauschal verteufelt wird. Leider gab es nach 1945 bei Adler auch einige unternehmerische Entscheidungen, die nicht mehr vom Pioniergeist und Weitsicht der Gründerzeit getragen waren und die schließlich dazu führten, daß nach und nach ganze Produktionszweige stillgelegt oder an andere Konzerne (Grundig, Litton, Volkswagen, Olivetti) verkauft wurden.


ADLER- Fahrräder

Das Fahrrad war der erste Fabrikationszweig, den Heinrich Kleyer als eigene Erzeugungsleistung auf den Markt brachte. Das Fahrrad war daher auch die erste mächtige Kraft des Auftriebes, die den Kern des großen und schnellen Aufschwungs der Firma in sich barg. Allerdings ist es ein weiter Weg, der von den ersten Hoch- und Dreirädern Heinrich Kleyers bis zu den mustergültigen modernen Niederrädern neuester Bauart und vollendeter Formenschönheit führte. Die ersten Räder aus den Werkstätten Kleyers waren Hochräder und sie bildeten nur kurze Zeit Handelsware absatzfähiger Art.

Kleyer erkannte alle Mängel des Hochrades rasch; er war einer der Ersten, der mit festem Entschluß zur Einführung des Niederrades überging. Die Formgebung war bedeutend schöner als die des Hochrades; besonders aber die Sicherheit des Fahrers war bestens gewährleistet. Mit dem Niederrad begann der eigentliche Fabrikationsweg. Hinsichtlich Modernisierung blieben die Adlerwerke führend.

Die zwei wesentlichsten Neuerungen waren der vollwandige Gummireifen mit dem Luftpolsterschlauch und dann die Freilaufnabe, zu welcher sich später die Freilauflabe mit Rücktrittbremse und darauf deren Vervollkommnung für Spezialräder im Gebirge, die Freilaufnabe mit zwei Übersetzungen und Rücktrittbremse gesellte. Die Adlerwerke begannen bereits früh mit der Verwendung der ersten Bereifungsarten der Gummipolsterung und gingen als erstes Großwerk zur Ausstattung aller Räder mit den neuen, zweigeteilten Pneumatiks über, deren Montage und Reparatur unvergleichlich leichter war, als jene frühen Formen der Luftgummikombination, bei welcher der Gesamtreifen ein Klebekonglomerat darstellte.

Rasch schritt die gründliche Durchbildung des ersten Kreuzrahmentyps zu einem Diamond-Typ mit geschweiftem Rahmen fort, aber auch diese Form wich der weitaus besseren und auch heute allgemein beibehaltenen Polygon-Rahmenfügung. Diese weist nur gerade Rohre auf. Die Rohre selbst machten mehrere Prozesse durch, bis sie auf der heutigen Stufe der ideal einfachen und vollendet haltbaren Form anlangten. An weiteren Neuerungen fallen die Tangentspeichenräder auf, welche rasch die Radialspeichenräder verdrängten. Der Antrieb mittels Kette wurde in langwierigen Versuchen immer wieder verbessert, besonders hinsichtlich der Gliederarten der Kette selbst. Die kettenlosen Räder, die eine Kraftübertragung durch Kardanwelle aufweisen, vermochten sich trotz zahlreicher großer Vorzüge gegenüber den Kettenrädern nicht durchgreifend einzubürgern.

Die Steuerung der Adlerräder wies ursprünglich die schlichte Sockelausbildung auf, 1889 folgte bereits die Nackensteuerung, die aber 1891 wieder einer bedeutenden Verbesserung Platz machen mußte: die Sockel-Kugellager-Steuerung wurde eingeführt und bis auf die Gegenwart im Prinzip beibehalten, lediglich bedeutend verbessert und vervollkommnet. Ein wichtiger Moment bildete die sichere Abbremsbarkeit des Rades. Die Adlerwerke hatten die einfache Löffelbremse wohl durch Gummiarmierung wirksamer gemacht; aber für starke Gefahrenmomente schufen sie eine Felgenbremse; sie wurde entweder am Vorder- oder am Hinterrad montiert, vornehmlich durch einen Bowdenzug sehr sicher wirkend gestaltet. Das Fahrrad der Adlerwerke war also schon um die Jahrhundertwende ein ganz ausgezeichnetes Beförderungsmittel. Das Fest des 100.000 Adlerrades gab neuen starken Antrieb. Und die Zahl der Adlerräder wuchs so beständig, daß mitten im 1. Weltkrieg die Feier des 500.000 Adlerfahrrades gefeiert werden konnte.

Neben den Zweirädern erzeugte diese Betriebsabteilung auch Dreiräder für verschiedene Zwecke. Besonders die Adler-Transportdreiräder fanden rasch starke Verbreitung. Ihr hervorstechendes Merkmal war wieder eine Adlerspezialeinrichtung, nämlich ein paritätisch auf beide Hinterräder wirkendes System der Kraftübertragung, wodurch auch in der Kurve beide Räder gleichmäßig mit der Triebkraft versorgt wurden. Neben der allgemein gediegenen Ausrüstung wurden die ADLER-Fahrräder vornehmlich mit hervorragenden Tretkurbellagern ausgestattet. Der Sattel wies bei großer Widerstandskraft und Haltbarkeit schmiegsame Federung auf (Soweit die Darstellung auszugsweise nach einer Adler-Festschrift von 1926).

Die Kriegsjahre 1914-18 und die Nachkriegszeit brachten einen tiefen Einschnitt. 1918 wurden nur 2.400 Räder hergestellt. Luxus war nicht gefragt, Existenznot und Materialmangel sowie der Zwang zu billiger Fertigung waren die Notwendigkeit jener Jahre. Vernickelte Teile waren nun lackiert oder brüniert. Alle diese Einsparungen gab es 1940-45 ebenso wieder! Der Zwang zur Senkung der Verkaufspreise (Deutschland war völlig verarmt) brachte die Normung vieler Kleinteile die den zwanziger Jahren enorm voran. Während zuvor jede Fabrik ihre eigenen Maße bei Lagern, Kugeln, Speichen, Naben etc. verwendete, wurden diese Teile nun einheitlich und gewannen Anfang der 30er Jahre die Formen und Maßgruppen, die z.T. heute noch gelten.

Eine "Mode", die bis ca. 1950 beliebt war, nahm ihren Anfang ebenfalls in den 30er Jahren: der "Ballon-Reifen" 26 x 2.00. Anlaß war der Niederdruckreifen bei Motorrad u. Auto, Ziel ein Komfortgewinn, sicher auch notwendig bei den schlechten Wegen der damaligen Zeit und den vielen Kopfsteinpflaster-Straßen. Der höhere Abrollwiderstand wurde akzeptiert. Interessant, wie die gedrungene Optik dieser Räder heute bei den Mountain-Bikes wieder im Kommen ist.

Die 30er Jahre brachten für das Fahrrad eine Änderung des Kundenstammes: Mancher bessergestellte Arbeiter fuhr jetzt ein Motorrad! Deshalb arbeitet man daran, durch bessere Ausstattung im Detail das Rad wieder attraktiver zu machen. Der Prospekt 1937 nennt die neuen Merkmale: Blankteile verchromt, statt vernickelt (ca. ab 1932) Pedale mit Rückstrahler, Normkugellager im Tretlager. 1933/34 bringt Adler ein zur Legende gewordenes Fahrrad mit Dreigang-Getriebe im Tretlager heraus. Von sorgfältiger Bauart und leicht zu bedienen, war es in den Jahren 1934-40 recht weit verbreitet. Seine prinzipiellen Nachteile waren: höheres Gewicht durch die Notwendigkeit, ein ca. 3-fach höheres Drehmoment übertragen zu müssen als ein Nabengetriebe, sowie Zahnflankenverschleiß durch pulsierende Krafteinleitung der Tretbewegung. Gut erhaltene 3-Gang-Räder sind heute gesuchte Sammlerstücke.

Nach dem Krieg eine letzte Blüte: die Nachfrage nach Fahrrädern war riesengroß, so daß hohe Stückzahlen gefertigt worden. 1948/49 war ein Boomjahr mit über 170.000 Stück. Gleichzeitig kam es aber zu einem scharfen Preiswettbewerb. Der Anfang des Wirtschaftswunders mit seiner Motorisierungswelle (zuerst Motorräder und Mopeds, später Kleinwagen) ließ den Markt für Qualitätsfahrräder immer mehr schrumpfen. Das Typenprogramm der Adlerwerke unterscheidet sich kaum noch von anderen Herstellern. Die Preise waren 1949 zwischen 150,- und 220,- DM angesiedelt, zu teuer für Otto Normalverbraucher. So mußte 1954 der Fahrradbau eingestellt werden und eine lange und ruhmreiche Tradition fand ihr Ende. Erst in den 70/80er und besonders in den 90er Jahren besannen sich Fahrradfreunde auf die große Marke "Adler", und heute werden immer mehr der schönen Fahrräder aller Baujahre liebevoll restauriert und als Zeugnis deutschen Qualitätsbewußtseins der Nachwelt erhalten.


Die ADLER-Automobile und -Krafträder

Der Einstieg in die Produktion von Motorfahrzeugen 1899 setzte die risikofreudige Unternehmenspolitik konsequent fort. Kleyer war felsenfest überzeugt, daß die Motorisierung in Deutschland einen eben solchen Erfolg haben würde wie Fahrrad und Schreibmaschine. Auch eingefleischten Adler-Fans muß es nicht weh tun, wenn man sagt: Zu den großen Erfindern gehörten Kleyer und seine Firma Adler nie. Beide waren vielmehr die genialen Verwerter mit dem untrüglichen unternehmerischen Gespür für die Trends der Zeit, für die schlummernde Nachfrage am Markt, für soliden Unternehmensgewinn ( zumindest bis 1945).

Unkalkulierbare Geniestreiche oder technische Spielereien ohne Gebrauchswert waren den Adler-Leuten fremd. Schon um die Jahrhundertwende waren die Stärken der Frankfurter Firma landauf, landab bekannt: fortschrittliche Technik, solide Verarbeitung, beste Haltbarkeit auch bei hoher Belastung, hoher Gebrauchswert. Kein Wunder also, daß es über Adler-Motorfahrzeuge von der Jahrhundertwende bis Mitte der zwanziger Jahre nichts technisch Aufregendes zu berichten gab. Wohl aber von den Verkaufserfolgen: 1914 ist jedes fünfte im Deutschen Reich zugelassene Automobil ein Adler. Das zeugt von Qualität und bestem Ruf beim Publikum. Nicht von ungefähr ist Adler bis Mitte der dreißiger Jahre der führende Hersteller im Taxigewerbe, bevor diese Vormachtstellung an Mercedes verlorengeht. Die Kutscher von Motordroschken - wie man sie damals nennt - schätzen eben Qualität und Zuverlässigkeit.

Die automobile Neuzeit beginnt bei Adler 1926. Seit Jahren machen die Amerikaner - allen voran Henry Ford mit dem legendären Ford T-Modell - dem Rest der Welt vor, wie man in großer Serie billige und gute Autos baut. Dutzende deutscher Autobauer gehen in diesen Jahren in die Pleite, Opel verkauft an General Motors, Mercedes und Benz fusionieren und auch Adler reagiert: ein fortschrittlicher Großserien-Wagen muß her. Ergebnis ist das Modell Standard 6. 1926 konstruiert und zur Serienreife entwickelt, erscheint der Wagen 1927 am Markt und wird von Start weg zum Renner. Als erster deutscher Serienwagen ist der Standard 6 mit hydraulischer Vierradbremse ausgestattet, die nach amerikanischem Lockheed-Patent bei TEVES gefertigt wird. Ein echter Meilenstein ist dieser Wagen auch deshalb, weil erstmals in Deutschland sehr viele Technikteile in Leichtmetall ausgeführt werden, statt in Grauguß und Schmiedeeisen.

Wirtschaftlich geschickt erweitert Adler das Standard-Model1 zur ganzen Baureihe: Der Sechszylinder-Motor des Standard 6 wird um zwei Zylinder vergrößert, und schon steht ein repräsentativer Achtzylinder-Wagen auf den Rädern. In großer Stückzahl läßt sich der kleinere Bruder - Favorit genannt - verkaufen. Der hat volkstümliche vier Zylinder und ist wiederum der Liebling der Taxifahrer. Mit dieser Fahrzeugpalette übersteht Adler sogar die schweren Jahre der Weltwirtschaftskrise.

Zwei weltweit beachtete Werbekampagnen bringen Adler in diesen Jahren Aufmerksamkeit und Ansehen: Im Standard 6 schafft die Tochter des Industriebarons Hugo Stinnes die erste Umrundung der Welt im Automobil. Der große Standard 8 wird vom Direktor des weltberühmten Dessauer Bauhauses, Walter Gropius, mit einer eigenwilligen Karosserie "eingekleidet", die sich zwar wirtschaftlich als Flop erweist, aber rund um den Globus in allen Illustrierten steht und Adler zu einem nie dagewesenen Bekanntheitsgrad verhilft. Gropius ist es auch, der den stilisierten Adler mit den ausgebreiteten Schwingen entwirft, der ab 1930 die Kühlermasken aller Adler-Autos ziert und seitdem fast unverändert Bestandteil des Adler-Logos war.

Mit dem Namen Gustav Röhr verbindet sich der nächste Meilenstein im Autobau bei Adler. Nach Konkurs der eigenen Firma in Oberramstadt wird Röhr 1932 Leiter der Konstruktion bei Adler. Und gleich der erste Entwurf wird zum Trendsetter. Mit dem Adler Trumpf bringen die Frankfurter einen geradezu sensationellen Anderthalbliter-Wagen auf den Markt: Frontantrieb, niedriger Rahmen mit tiefem Schwerpunkt und erste Ansätze von Einzelradaufhängung sind seine Kennzeichen. Der Wagen hat eine Straßenlage, die die gesamte Konkurrenz in Grund und Boden fährt. "Meister der Kurve" jubeln die Werbetexter bei Adler. Der Erfolg ist riesig, die Kritiken enthusiastisch, Grund genug für Adler dem Mittelklasse-Trumpf einen "Volkswagen" nachzuschieben.

Mit dem Adler Trumpf Junior bietet der Autobauer aus Frankfurt von 1934-1940 seinen absoluten Bestseller an: Über 100.000 Fahrzeuge werden in Deutschland, Europa, ja bis nach Südafrika abgesetzt. Auch der Trumpf Junior überzeugt mit Frontantrieb und bester Straßenlage, mit solider Verarbeitung und sparsamen 25PS-Einliter-Motor, mit Karosserievielfalt und zäher Zuverlässigkeit. Noch heute ist dieser Wagen bei vielen Autokennern unvergessen.

Überhaupt sind es die dreißiger Jahre, die die Blütezeit des Automobilbaus bei Adler darstellen. Und weil die Reichsmark in großen Summen nach Frankfurt rollt, ist Geld für spektakuläre Projekte in der Kasse. Die Öffentlichkeit staunt nicht schlecht, als Adler 1936 einen Sportwagen auf Trumpf-Basis vorstellt, der eine aerodynamisch geformte Karosserie trägt. Stromlinienwagen nennen das die Zeitgenossen. Gepaart mit der sprichwörtlichen Zuverlässigkeit der Adler-Technik erringen diese Renner mit fast serienmäßiger Frontantriebstechnik spektakuläre Siege bei den großen 24-Stunden-Rennen in Spa und Le Mans.

Die Stromlinien-Experimente hatten jedoch einen tieferen Sinn. Nie und nimmer hätte es der Mentalität der Verantwortlichen bei Adler entsprochen, nur einfach einen Rennsportwagen zu bauen. Rennsport musste Erfahrungen für die Serie bringen, mußte Technologieträger sein - wie wir heute sagen würden. Das Ergebnis stellten die Frankfurter Ingenieure 1937/38 vor: Typ 10 hieß das Produkt im nüchternen Firmenjargon. Der Volksmund verpaßte ihm jedoch den Namen, der ihn berühmt machte: Adler Autobahn. Mit 2,5-Liter-Sechszylinder-Motor und 58 PS schaffte der Autobahn auf der Autobahn dank Aerodynamik-Karosserie fast 130 Spitze. Das war 1938 sensationell. Ein Verkaufserfolg wurde der Autobahn allerdings nicht.

Die Karosserie entsprach bei aller Sensation nicht dem Massengeschmack des Publikums, und der Wagen war - eigentlich Adler-untypisch - nicht ganz ausgereift. Nicht einmal 6.000 Stück wurden bis Kriegsbeginn 1939 verkauft. Das macht ihn heute zur gesuchten Rarität.

Der zweite Weltkrieg beendet die Blütezeit bei Adler, der Bau von Automobilen wird aufgegeben. Der Adler-Vorstand entscheidet, daß Motorradbau der Weg in die Zukunft sein soll. Wie falsch diese Entscheidung war, wissen wir heute, aber nachher weiß man ja immer alles besser. Dennoch gelingt den Adler-Technikern auf dem ungewohnten Gebiet der Motorräder noch einmal ein geniales Baumuster, bevor die Produktion motorisierter Fahrzeuge 1958 endgültig eingestellt wird.

Der letzte Meilenstein in der Fahrzeuggeschichte der Firma Adler heißt M oder MB 250. Unter den Zweiradfahrern der 50er Jahre erlangte diese Maschine Berühmtheit, weil sie Sportlichkeit mit uneingeschränkter Alltagstauglichkeit verband. Bei Crossveranstaltungen, bei Sand-, Grassbahn- oder Straßenrennen, in den Bergen, mit Seitenwagen oder auf Reisen, überall ließ sich der kraftvolle Motor einsetzen. Noch heute, in den Tagen der Super-Bikes, schwärmen Adler-Fahrer von der Handlichkeit ihrer Maschinen und dem drehstarken Zweizylinder-Zweitakter mit 250 ccm und 16 bis 18 PS.

 

ADLER-Schreibmaschinen

Nicht unerwähnt bleiben darf der Schreibmaschinenbau bei Adler, noch heute ein bedeutendes Standbein der Firma. Bei Adler wurde bereits im Jahre 1896 mit dem Bau von Schreibmaschinen begonnen - somit zählt die Firma auch auf diesem Gebiet zu den Pionieren. Die Adlerwerke AG erwirbt in diesem Jahr die Patente der amerikanischen "Empire" - Schreibmaschine Kidders und entwickelt in nur zwei Jahren diese Maschine konstruktiv und funktionell bis zur Serienreife weiter, im Jahre 1898 wird der Vertrieb aufgenommen.

Dieses Modell verändert die Welt des Büros und die Berufswelt - das Stehpult weicht dem Schreibmaschinentisch - neue Berufsfelder (Stenotypistin, Sekretärin) entstehen. 1904 verläßt bereits die 10.000 Schreibmaschine vom "Adler Modell 7" das Werk, die Produktionszahlen verdoppeln sich bereits ein Jahr später. ADLER-Schreibmaschinen sind auf dem Weltmarkt zu einem Qualitätsbegriff geworden. 1905 sind bei Adler bereits über 500 Arbeiter mit dem Bau von Schreibmaschinen beschäftigt. Adler exportiert in alle Welt und bietet bereits mehrere Maschinentypen an. 1909 verläßt die 50.000 Maschine das Werk, 1910 entsteht mit dem Modell "Klein Adler" eine der ersten Reiseschreibmaschinen der Welt. 1913 verläßt die 100.000 Schreibmaschine das Werk. Während des ersten Weltkrieges wird dieser Produktionszweig zugunsten des Lastwagenbaus, des Baus von Krankenwagen, Spezialfahrzeugen und Kabelwindenwagen eingestellt, aber bereits 1920 läuft die Produktion wieder auf Hochtouren. 1925 verlässt die 300.000 "Adler" das Werk.

Ständige Investitionen und Modernisierungen zahlen sich aus, neues Erfolgsmodell neben den größeren Büromaschinen wird die "Klein-Adler Modell 2". Erst die Kursstürze an der New Yorker Börse Ende 1929 führen zu empfindlichen Umsatzrückgängen - doch Adler entwickelt weiter. Der Schwinghebelmechanismus löst 1931 das Konstruktionsprinzip des Stoßstangenmechanismus ab. Aufgrund der wirtschaftlichen Lage entwickelt sich in diesem Jahre eine enge Zusammenarbeit mit den Triumph-Werken in Nürnberg. Bekannte Adlermaschinen dieser Zeit waren das modernisierte Modell 7, die Adler-Standard, das Modell 37, die Adler-Favorit und die Klein-Adler 32. 1936 wird die 500.000 Schreibmaschine fertiggestellt. Schreibmaschinen der ersten Generation vom Modell 7 sind in manchen Büros immer noch im täglichen Einsatz - nach 38 Jahren - welche Qualität!

Erfolgsmodell ab 1937 ist die "Klein-Adler-Favorit 2". Vor Kriegsbeginn im Jahre 1939 wird ein neuer Rekord erzielt: 37.587 Maschinen werden in einem Jahr ausgeliefert. Dann wird der Schreibmaschinenbau eingestellt, bei einem Luftangriff am 20. März 1944 wird nahezu die gesamte Fertigungsstätte vernichtet. Man steht vor dem Nullpunkt. Erst Ende 1946 wurde - ganz bescheiden - die Arbeit mit der Produktion der "Klein-Adler Modell 46" wieder aufgenommen. Es wurde in kleinen Stückzahlen produziert. Erst ab 1949 lief die Produktion erneut auf Hochtouren - Adler hatte wieder seinen Markt - der Markt seine lang entbehrte Adler!

Entscheidende Neuentwicklungen folgten, u.a. 1954 die erste Adler Elektrik. In über 100 Länder der Welt wird exportiert, der Marktanteil liegt bei über 50%! Mit den verschärften Bedingungen des Wettbewerbs ab Mitte der fünfziger Jahre beginnt eine neue Ära in der Geschichte der Adlerwerke. Grundig übernimmt die Aktienmehrheit und führt die Elektronik in Frankfurt ein. Der Marktanteil zusammen mit Triumph steigt auf über 64 %. 1961 wird die 1.000.000 Adler-Schreibmaschine gebaut.

1969 gehen die Adlerwerke an die amerikanische Litton-Industries INC - das Computerzeitalter faßt Fuß bei Adler. Im Jahre 1979 erwirbt der VW-Konzern die TA - die Bürotechnik sollte ein 2. Standbein für VW werden, jedoch bereits im Jahre 1984 verkauft der VW-Konzern Triumph-Adler an die Olivetti-Gruppe - den größten Büromaschinen-Hersteller der Welt.

1993 verkauft Olivetti die ehemaligen Adlerwerke mit dem gesamten Werksgelände an die Investorengruppe Roland Ernst, Heidelberg. Die noch vorhandene Schreibmaschinenproduktion wird auf das Gelände von Messer-Griesheim verlegt. 1994 verkauft Olivetti TA an die IMM-Holding-Gesellschaft, München. Am 30.06.1998 wurde die Produktion von Schreibmaschinen - 102 Jahre nach ihrem Beginn - am Standort Frankfurt für immer eingestellt.

Quelle: Adler Motor Veteranen Club e.V. (AMVC), Erbach / Oderwald. Besonderen Dank gilt Herrn Dr. Heinzgerd Schott, Herrn Henning Holst sowie Herrn Ottmar Günther für die mühevolle Recherche

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