Geschichte der AGIV

Aktiengesellschaft für Industrie und Verkehrswesen (AGIV)

Die AGIV und ihre beiden Gründungsgesellschaften „Deutsche Lokal- und Straßenbahngesellschaft (später ALOKA)“ und „Aktiengesellschaft für Verkehrswesen (AGV)“ blicken auf eine mehr als 120 jährige und wechselnde Tradition zurück. Ursprünglich 1881 bzw. 1901 als Besitz- und Betriebsgesellschaften deutscher Strassen- und Eisenbahnen gegründet, wurden die Aktivitäten bis zum zweiten Weltkrieg um Bauunternehmen, Elektrizitätswerke und technische Dienstleistungen im Energiebereich erweitert. Weitere Beteiligungen ging man im benachbarten Ausland und den ehemaligen deutschen Kolonien ein.

Nach 1945 verlagerten sich der geschäftlicher Schwerpunkt zunehmend auf den Baubereich und später auf den Maschinenbau und die Messtechnik. Gleichzeitig wurde das Engagement bei den Eisen- und Straßenbahnen sukzessive zurückgeführt. Folgerichtig fusionierten die beiden Vorgängergesellschaften der AGIV im Jahre 1974.

Die Entwicklung der AGIV

Die AGIV ist am 1.1.1974 aus dem Zusammenschluss zweier Gesellschaften hervorgegangen:

  • Der am 11.11.1881 in Dortmund gegründeten Deutsche Lokal- und Straßenbahngesellschaft (später ALOKA) sowie

  • Der am 4.6.1901 in Berlin gegründeten Aktiengesellschaft für Verkehrswesen (AGV).

Durch die Fusion 1974 änderte sich der Firmenname in Aktiengesellschaft für Industrie- und Verkehrswesen (AGIV).

Die geschäftliche Aktivität der Anfangsjahre richtete sich auf Auf- und Ausbau des Straßenbahn- und Eisenbahnverkehrs. In rascher Folge errichtete die ALOKA zahlreiche Lokalbahnen und übernahm bestehende Gesellschaften. Gleichzeitig investierte die AGV kräftig in das deutsche Neben- und Kleinbahnnetz für Eisenbahnen. Bis zum Beginn des ersten Weltkriegs waren beide Gesellschaften die jeweils größten privaten Eigentümer und Betreiber auf ihrem Sektor des Personenverkehrs. Investiert wurde auch im benachbarten Ausland wie auch in den damaligen deutschen Kolonien in Afrika.

Mit zunehmender Elektrifizierung der Straßenbahnen und Umstellung der ursprünglichen Pferdebahnen änderte sich auch die Beteiligungsstruktur der ALOKA. Die AEG Aktiengesellschaft erwarb die Aktienmehrheit, was in der Folge zu einer Ausdehnung des Beteiligungsportefeuilles auch auf Elektrizitätswerke führte. Zahlreiche Beteiligungen an Energieerzeugern wurden vor und nach dem ersten Weltkrieg erworben (z.B. Kraftanlagen AG, Heidelberg, Württembergische Elektrizitäts-AG, Überlandwerk Unterfranken)

Die AGV, die ihren Schwerpunkt auf die Eisenbahnen legte, nahm einen anderen Weg. Als zweites geschäftliches Standbein spielten Bauunternehmen von Beginn an eine wichtige Rolle. Anfangs zum Bau der Eisenbahnlinien eingesetzt, erweiterte sich das Geschäftsspektrum auf alle Sparten des Bauens bis hin zum Wohnungsbau. Weitere Beteiligungen an Bauunterunternehmen folgten. 1928 beispielsweise erwarb AGV eine Beteiligung an Dyckerhoff & Widmann (Dywidag).

Diversifikation des Portfolios

Infolge des zweiten Weltkriegs verloren AGV und ALOKA Zweidrittel ihrer Vermögenswerte. Nach mehreren Zwischenstationen in Hamburg und Heidelberg Verlagerung der Hauptverwaltungen beider Gesellschaften nach Frankfurt am Main.

Ab Mitte der 60er Jahre des vorherigen Jahrhunderts setzte die Diversifikation und Expansion in die Breite ein. Der Bereich Bauwirtschaft wurde unter anderem 1954 durch die Beteiligung an der Wayss & Freytag AG wesentlich gestärkt. Weitere Akquisitionen in diesem Sektor folgten. Unter anderem zählten auch Zementfabriken (z.B. Nordcement AG) zu den Beteiligungen sowie eine Mehrheitsbeteiligung an dem Sanitärgroßhandel Triton Belco AG, Hamburg.

Der Unternehmensbereich Maschinenbau war ein weiterer Investitionsschwerpunkt. Eine in den frühen 50er Jahren erworbene Schachtelbeteiligung an der Carl Schenck AG, Darmstadt, stockte AGV 1968 zu einer Majorität auf. Im gleichen Jahr übernahm AGV einen 25%igen Anteil an dem Bagger- und Schwermaschinenhersteller Orenstein und Koppel. Weitere Akquisitionen waren der österreichische Papiermaschinenhersteller Andritz AG, Graz (1989), und der Maschinenbauer für die Chemiefaserproduktion Barmag AG, Remscheid (1991).

Im Verkehrssektor war die Neuordnung erforderlich, nachdem sich das Fahrgastaufkommen der Eisenbahnen rückläufig entwickelten. Zahlreiche Bahnen wurden veräußert oder stillgelegt (z.B. Kiel-Segeberger Eisenbahn, Moselbahn, Hildesheim-Peiner Kreiseisenbahn). In den Busverkehr und die Bergbahnen hingegen investierte AGV. 1970 unternahm man ersten Schritte in den Luftverkehr und gründete die DLT Deutsche Luftverkehrsgesellschaft (heute Lufthansa City Line).

Vor allem nach der Fusion der ALOKA und der AGV zur AGIV im Jahre 1974 wurde die Expansion in die Breite umgesetzt. Finanziert wurden die zahlreichen Akquisitionen durch Kapitalerhöhungen.

Konzentration auf Maschinenbau und Messtechnik

Galt ein Engagement in einer breit diversifizierten Beteiligungsholding in den achtziger Jahren und in den Jahrzehnten davor als sicheres Investment, das aufgrund seiner vielfältigen Aktivitäten einen willkommenen internen Risikoausgleich bot, so kam es in den neunziger Jahren zu einem Wechsel in der Anlagepolitik des Kapitalmarkts. Nicht mehr die Breite des Portfolios, sondern die Stärke der Position in einzelnen, strategisch wichtigen Geschäftsfeldern rückte in den Vordergrund.

Folgerichtig konzentrierte sich die AGIV in einer mehrjährigen Restrukturierung auf den Maschinenbau und die Messtechnik. Die Bereiche Verkehr, Bau und Dienstleistungen wurden völlig aufgeben; Minderheitsbeteiligungen wurden abgegeben (z.B. Lenz-Bau). Gleichzeitig erfolgten zahlreiche Akquisitionen in dem neudefinierten Kernarbeitsgebiet. Bis Ende 1998 summiert sich die Zahl der Transaktionen auf 41, wobei 23 Verkäufen 18 Zukäufe oder Beteiligungsaufstockungen gegenüberstanden.

Von Wayss & Freytag trennte sich AGIV Ende 1996. Im Folgejahr wurde die Deutsche Eisenbahngesellschaft, in der alle Verkehrsaktivitäten gebündelt waren, ebenso veräußert wie die Bayerische Zugspitzbahn, die einzig verbliebene Bergbahn. Mit dem Verkauf der Kraftanlagen AG Mitte 1998 gab AGIV eine der ältesten Beteiligung im Rahmen eines Management Buy Outs ab.

Strategische Neuausrichtung auf das Immobiliengeschäft

Das Beteiligungsportfolio der AGIV änderte sich 1999 erheblich. Im September und Oktober des Jahres veräußerte AGIV die Teilkonzerne Andritz AG, Barmag AG, Remscheid. Die restlichen Industriebeteiligungen an der Spectris AG, Langen und der Ernst Peiniger GmbH, Gelsenkirchen wurden im Mai 2000 veräußert .

Mit Abschluss des Jahres 2000 war diese Neuausrichtung zu einem reinen Immobilienkonzern abgeschlossen. Im Mai 2001 erwarb die HBAG Real Estate Aktiengesellschaft, Hamburg, die Anteile der BHF-BANK an der AGIV. Anschließend hat die HBAG ihre Position auf über 50% zu einer Mehrheitsbeteiligung an der AGIV ausgebaut. Im Jahre 2002 schließlich Verschmelzung mit der HBAG zur heutigen AGIV Real Estate AG (WKN 691 132) zu einer der führenden deutschen Immobilien-Finanzholdings.

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